Hundertwasser - Livres de poche

Benedikt Taschen Verlag, Köln 1991, kartonierter Einband,, Fünf Häute hat der Mensch, sagt Hundertwasser: die natürliche Haut, die Kleidung, das Haus, das soziale Umfeld und das globale Umfeld. Pierre Restany, ein enger Vertrauter des größten noch lebenden Künstlers, der sich zur vierten Haut zählen darf, weil er ihn besonders gut kennt und interpretieren kann, erklärt allen Lesern genau, was es mit diesen fünf Häuten auf sich hat und wie sie auf abenteuerliche Weise untereinander in Wechselbeziehung stehen.

Hundertwassers Interesse galt immer besonders der dritten Haut. Und so entwarf er sein legendäres Manifest: "Dein Fensterrecht -- dein Baumrecht" und verbreitete es unter anderem durch seine provokanten Nacktreden, von denen unglaubliche Fotos im Buch erzählen. Es gelang ihm tatsächlich, viel Aufsehen damit zu erregen, so daß sich inzwischen so einige von ihm gestaltete "gesunde Bauten" auf der ganzen Welt verstreut befinden und den Traum von farbenfrohen, ökologischen und ganz individuellen Wohnstätten leben, die uneben gemauert, mit unregelmäßig angeordneten Fenstern und bewachsenen Dächern eine labende Oase inmitten gräulicher Städte abgeben.

Wir erfahren, was sich hinter der "heiligen Scheiße", der "Brennesselaktion" oder der "Humustoilette" verbirgt. Wir werden in das "Verschimmelungsmanifest" eingeweiht und staunen über die dekorative und expressive Sprache, die Hundertwasser mit einer ganz eigenen Symbolik gebraucht. Man bezeichnet diesen unbändigen Individualisten, der sich seine gesamte Kleidung, Sommer- und Wintersachen, selber näht und immer verschiedene Strümpfe trägt, seit den 80er Jahren als den Doktor der Architektur. Er setzt gegen die Funktionalisierung und Rationalisierung der Kunst in der Moderne und Postmoderne eine Kunst der Intuition und Vision. Mit der Spirale als seinem Lieblingssymbol rebelliert er gegen die gerade Linie, die für ihn zum Untergang der Menschheit führt. Die Architektur von heute ist ein Werk des Teufels, das im Bewohner tödlichen Streß erzeugt. Eine seiner Thesen lautet: Die Verwesung der rationalistischen Architektur!

So reist Friedrich Stowasser, der sich umbenannte und zu Friedensreich Hundertwasser Regentag Dunkelbunt wurde, ein Nomadenleben führend, im Kampf "gegen die Tyrannei der Häßlichkeit, die im Zeichen der geraden Linie regiert" auf seinem Schiff "Regentag" jährlich um die Welt, sucht seine verschiedenen Wohnungen in Neuseeland, Österreich oder Frankreich auf und betreut seine phantastischen Projekte, wie z.B. das Augenschlitzhaus, das Grasdachhaus oder das Hügelwiesenhaus, die sich auf verschiedenen Kontinenten im Bau befinden oder schon von ihren Bewohnern als wahre Heimat heiß geliebt werden.

"Die Kunst ist der Weg, der zur Schönheit führt." Der Leser wird nach dieser Lektüre mit anderen Augen auf seine Umgebung blicken. Ist sie vielleicht auch zu grau und stört sie die Gesundheit der Seele, so wie Hundertwasser es oft empfindet? --Daphne Großmann